Armenien – Vierundvierzigster Tag, Dienstag, 20.05.2025
Immer noch grau
Irgendwie war es verhext, immer wo wir waren zeigte sich der Himmel kurz mal blau, ein oder zwei Tage später dann schon nicht mehr, als hätte das Wetter dann mitbekommen, wo wir waren.
Wir standen in der hintersten Ecke des Parkplatzes, der sich langsam mit Arbeiterautos füllte. Schon gestern Abend hatten wir gesehen, dass nicht jeder sein Fahrzeug so akkurat abstellt, wie wir Deutsche es gewohnt sind.
Das könnte dann im schlimmsten Fall bedeuten, dass wir nach dem Frühstück so eingeparkt sind, dass wir nicht mehr rauskommen.
Also noch in Unterhose schnell ein Hemd übergezogen, den Motor gestartet und vom Parkplatz gefahren. Etwas weiter Richtung Zentrum auf dem Parkplatz einer Autowerkstatt konnten wir dann in Ruhe unser Frühstück einnehmen.
Über steile Serpentinen hinein in die Wolken
Wir fuhren hinaus aus Kapan und zunächst ganz dicht an der aserbaidschanischen Grenze entlang über Serpentinen immer höher hinauf. Fast kein Auto begegnete uns, etwas beängstigend war die Situation schon, hatte ich doch vorher gelesen, dass das Auswärtige Amt vor Fahrten in dieser Region warnt. Nun ja, das Auswärtige Amt warnt viel und es ist nicht immer etwas Konkretes dahinter.
Die Wolken hingen immer noch tief, doch es deutete sich Wetterbesserung an. Wir schraubten uns auf 2260 Meter hoch, direkt in die Wolken hinein. Dann ging es kurvenreich wieder hinunter und zusehends wurde das Wetter besser, die Wolken verschwanden, die Sicht auf die bereits im Iran liegenden bizarren Berggipfel wurde besser.
Wir fuhren in eine phantastische, vegetationslose Bergwelt hinein, so, wie man sie aus Reportagen im Fernsehen von Afghanistan oder dem Iran kennt. Zudem strahlte nun die Sonne vom immer blauer werdenden Himmel hinab.
Den Mullahs ganz nah
Die Straße führte ins Tal hinunter und direkt an dem Grenzzaun vorbei, der Armenien vom Iran trennt. Links von uns LKW im Land der Mullahs, rechts noch Armenien. Die Grenzposten häuften sich, hier wird bewacht, jeder seine Seite des Zauns.
Immer wieder mussten wir halten, um Fotos zu machen. Dann hielt ein Wagen mit Signallichtern auf dem Dach und russischer Beschriftung an den Seiten direkt neben uns. Zudem hatte es ein russisches Kennzeichen. Was machen die Russen hier?
Drei Personen in Uniform stiegen aus und erbaten unseren Reisepass. Einige Fragen wurden gestellt, der Reisepass und die Stempel genauestens kontrolliert und einer der Männer telefonierte. Nach einiger Zeit bekamen wir unsere Pässe wieder und man ließ uns mit einem „Sorry“ fahren.
Was tun die Russen hier?
Die Russen waren in der Vergangenheit immer die Schutzmacht Armeniens und waren mit dem Inlandsgeheimdienst auch in der Grenzregion zum Iran tätig.
Doch der Konflikt um Bergkarabach, der im September 2023 durch die aserbaidschanische Armee rasch erledigt wurde, woraufhin 100.000 Armenier von dort flüchten mussten, hat die Sicht der Armenier auf Russland verändert.
Anstatt dem Land in diesem Konflikt beizustehen, wie schon die Jahre und Jahrzehnte vorher, hielt man sich zurück, da auch Russland genau wie die EU von den Bodenschätzen Aserbaidschans abhängig ist. Die Folge ist jetzt die Hinwendung Armeniens zur EU und der Rausschmiss der Russen, was aber offensichtlich zumindest hier im Grenzgebiet zu Iran, der neuen Schutzmacht Armeniens, noch nicht so vollzogen wurde.
Tagesende in Agarak
Wir hatten schon gestern beschlossen, heute nur bis nach Agarak an der iranischen Grenze zu fahren und dort auf einem kleinen Campingplatz mit Dusche unseren Tag zu beenden. Wir kamen um 13:30 Uhr dort an, die Sonne brannte vom Himmel, so, wie es sich für so eine Gegend gehört.
Hier beim Hostel Samuel konnten wir unseren Wagen abstellen, holten Tisch und Stühle heraus und genossen das Campingleben.
Am späteren Nachmittag machten wir uns zu Fuß auf in den Ort, um noch einige Einkäufe zu tätigen. Der Weg ins Zentrum war recht lang und bei der vom Himmel brennenden Sonne auch ziemlich schweißtreibend.
Agarak ist sehr langgezogen und rechtwinklig angelegt. Bevor wir zum Supermarkt gingen besuchten wir noch in einem kleinen Park mit ziemlich verbogenen und verrosteten Eingangstüren das Denkmal des Völkermordes an den Armeniern im Jahr 1915.
Es ist zwar ziemlich klein und unscheinbar, dennoch einen kurzen Besuch wert.
Dann ging es vorbei an einer Bäckerei, wo wir leckeres Brot erstanden, zum Supermarkt, um ein wenig Grillgut für den Abend zu kaufen.
Leider gab es nur eine Auswahl an verschiedenen Würstchen, Steaks o.ä. konnten wir nicht finden.
Dann wieder unter sengender Sonne und mit einer eindrucksvollen Bergkulisse vor Augen zurück zum Wohnmobil und den Tag bei gutem Essen und Wein erstmalig bis zum Dunkelwerden draußen verbracht.
Diese Fahrt ganz hinunter ans Ende Armeniens hat sich absolut gelohnt.
Gefahrene Kilometer: 100,5 km
Landkarte: in den Süden an die iranische Grenze

Wieder gutes Wetter 👍 Und ne Kontrolle durch Russen überstanden 👍
Hat das auswärtige Amt vlt. doch recht?
Aber bislang ist ja alles gut gegangen 😊