Du betrachtest gerade Von netten Erwachsenen und nervigen kleinen Paschas
Ishak-Pascha-Palaste

Von netten Erwachsenen und nervigen kleinen Paschas

Türkei– Einundsechzigster Tag, Freitag, 06.06.2025

Inmitten der Rainbow Hills

Wir hatten unseren Nächtigungsplatz in der Nähe der sog. Rainbow Hills gewählt, einer eigenartigen Formation von schichtartigen bunten Lehmhügeln. Ein wenig mussten wir noch fahren, um dorthin zu gelangen. 

Es ging über eine ganz neue, vierspurige Straße mit breitem Mittelstreifen, auf der kaum Autos unterwegs waren. Wir fragten uns, warum in dieser Region im hintersten Anatolien, wo außer ein paar Dörfern und kleineren Städten, die für den Massentourismus uninteressant sind, derartige breite Straßen in die einsame Landschaft hineingebaut werden?

Fantastische Landschaft
Fantastische Landschaft

An einer geeigneten Stelle fuhren wir rechts ab auf einen Platz, von dem aus wir eine kleine Wanderung zwischen diesen Hügeln machen konnten. Rötlich scheinen sie, aber auch gelb und hellbraun und bestehen aus sehr bröckeligem Lehm. 

Diese Hügel erklimmen kann man nicht, alles bröselt und zerfällt unter den Schuhen. Wir liefen den Weg entlang, fragten uns, was hinter der nächsten Kurve kommen mag und mussten stoppen, als der Weg plötzlich endete.

Also wieder zurück, der getrocknete, aufgebogene Lehm unter unseren Füßen zerbrach wie Glas, an einigen Stellen war er noch feucht und sah aus, wie wunderbare Vollmilchschokolade.

Nach 30 Minuten waren wir am Auto zurück und fuhren noch ein Stück weiter, zu einer anderen Stelle, von wo aus wir ebenfalls etwas durch die Natur wanderten, um einen anderen Blick auf diese Hügel zu bekommen. In Schichten schimmerten sie mal rötlich, mal grünlich oder gelb, deswegen der Name „Rainbow Hills“, Regenbogenhügel. Es erinnerte uns an die Sierra Nevada in Andalusien

Verwaiste Stadt

Die Sonne schien zwar vom Himmel, dennoch war er nicht klar blau und die Fernsicht auch etwas eingeschränkt. Wir steuerten nun unser nächstes Ziel an, die Stadt Igdir, Provinzhauptstadt und mit ca. 96.000 Einwohnern recht groß. Schon beim Einfahren in die Stadt sahen wir, dass hier alles ziemlich trist war, kaum ein Mensch auf der Straße, fast alle Läden geschlossen, obwohl Freitag war. Wir hatten gestern erfahren, dass ab heute bis Montag das islamische Opferfest Kurban Bayrami gefeiert wird, der wichtigste Feiertag im Islam. Deshalb war hier alles wie ausgestorben.

Wir parkten den Wagen und machten uns dennoch auf ins Zentrum, doch das geschäftige Leben, die Menschen in der Stadt, wie wir es gestern in Kars erlebt hatten, fehlte. So drehten wir eine kurze Runde durch die vereinsamten Straßen, den Wunsch, ein Eis zu essen, konnten wir nicht befriedigen, allein in einem kleinen Gemüsegeschäft kaufen wir eine halbe Melone und ein paar Tomaten.

Auf dem Weg zurück zum Auto hörte Beate, wie von der gegenüberliegenden Straßenseite jemand auf deutsch etwas rief. Dort saßen drei Männer vor einem geschlossenen Café. Wir gingen zu ihnen, sie boten uns Plätze an und dann begann derjenige, der etwas deutsch konnte, mit uns zu reden. Fernfahrer sei er gewesen und hatte in Duisburg und Gelsenkirchen gelebt. Über unsere Reise fragte er uns, wie es uns in der Türkei gefällt und wie wir uns verständigen können.

Es entstand ein nettes Gespräch, doch nach einer Weile wollten wir aufbrechen und verabschiedeten uns.

Die Suche nach einem Stellplatz

Nun hieß es wieder, wie weit fahren wir noch, was ist unser nächstes Ziel. Beate schlug vor, doch bis Dogubayazit durchzufahren und dort unweit des Ishak-Pascha-Palastes einen Stellplatz aufzusuchen.

Somit ging es zunächst wieder über breite, autobahnähnliche Straßen südwärts, doch irgendwann zweigten wir ab auf eine kleinere Straße, die sich alsbald zu einem rütteligen Schotterweg wandelte. Durch verfallene Siedlungen hindurch fuhren wir, bis wir wieder auf Asphalt kamen. Jetzt plötzlich zeigte sich links von uns ganz ohne Wolken in herrlicher Pracht der riesige Gipfel des Ararat. Schnell ein paar Fotos gemacht, bevor er wieder von Wolken umspielt ist. Ein toller Anblick und kein Wunder, dass die Armenier, auf deren Gebiet er mal lag und den sie als heiligen biblischen Berg verehren, diesen Verlust nicht verschmerzen können.

Menschengetümmel und nervige Paschas

Wir fuhren durch die Stadt Dogubayazit hinauf zum auf einem Felsplateau liegenden Ishak-Pascha-Palast. Hier nun Massen von Autos und Menschen, die alle hier Picknick machten, grillten und sich im Freien in der Sonne aufhielten. 

Der im Internet angegebenen, ruhige Stellplatz war nicht erreichbar, also stellten wir uns an einen anderen Platz zwischen die vielen Wagen der Türken. Kaum hatten wir unsere Stühle aufgestellt, um in Ruhe ein Stück Melone zu essen, kamen fünf kleine Jungs und bettelten um Geld und nervten herum. „Money, money“ scheint das erste Wort zu sein, was diese kleinen Paschas lernen. 

Natürlich bekamen sie nichts und wir versuchten, sie zu ignorieren, aber ein ruhiger Aufenthalt war nicht möglich. Beate wollte ihnen trotz allem noch ein paar Bonbon schenken, doch die warfen sie ihr nur wieder hinterher. Erst als ich energisch wurde, zogen sich die Bengel zurück.

Gleich neben unserem Standplatz lagen zudem noch Schlachtabfälle herum, blutige Felle und Fleischbrocken, hier wurden wohl zum Fest Schafe geopfert und wie es im Islam üblich ist, geschächtet. Blutige Steine sah man noch herumliegen.

Doch ein Bleiben hier war nicht möglich. So parkten wir um und machten uns dann auf zur Besichtigung des Palastes.

Der Eintritt zum Palast beträgt für Ausländer drei Euro, und letztlich ist er auch nicht mehr wert. Der Palast bietet nicht viel, zwar sind viele Räume zu besichtigen, die aber alle recht gleich aussehen und für einen Palast wenig Prunk bieten.

Etwas über eine Stunde besichtigten wir jeden Raum, der einzige mit etwas Verzierung war wohl der ehemalige Festsaal mit vier Säulen. Die Kellerräume und die Kerker alle gleich und nur trostlose Steinmauern.

Auch hier im Palast immer wieder die gleichen Bilder, junge Leute die sich selbst fotografierten und sich lange an einzelnen Plätzen aufhielten, sodass andere kaum Fotos machen konnten.

Diese Selbstdarstellungssucht der jungen Leute vor allem der Frauen, nimmt immer mehr zu, geschuldet wahrscheinlich dem Zwang, sich in den sozialen Netzwerken präsentieren zu müssen.

Eine unheilvolle Entwicklung, die wir nur als „verrückt“ bezeichnen können.

Nach unsrem Palastbesuch parkten wir den Wagen noch einmal um auf einen anderen Parkplatz, wo schon ein Overlander aus Baden-Baden und ein italienisches Wohnmobil standen. Hier hofften wir, Ruhe auch in der Nacht zu finden, doch das erwies sich bis 2:30 Uhr als leider trügerisch. Doch wir müssen das akzeptieren, wir sind Gäste in diesem Land und müssen deren Feste und Traditionen achten.

Gefahrene Kilometer: 130,6 km

Landkarte: Rainbow Hills bis Stadt Dogubayazit

Haus auf dem Dorf
Bastelanleitung für einen Gartentisch
Bastelanleitung für einen Gartentisch

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Ruth

    Interessant, die bettelnden Jungs, das hattet Ihr bis jetzt noch nicht berichtet.

Schreibe einen Kommentar