Armenien – Achtunddreißigster Tag, Mittwoch 14.05.2025
Sowjeterbe in Alaverdi
Unseren ruhigen Stellplatz verließen wir gegen 10:00 Uhr bei bedecktem Himmel, ganz so schlecht sah es aber nicht aus, vielleicht bekommen wir doch noch etwas Sonne.
Es ging von Haghpat hinunter ins Tal des Flusses Debed in das Städtchen Alaverdi. Hier wurde zu Sowjetzeiten Kupfer abgebaut und verarbeitet und die riesigen Industrieanlagen liegen nun, nachdem der Kupferabbau zum Erliegen gekommen ist, als unheimliche Ruinen brach und verrotten.
Riesige, fensterlose Hallen und verrostete Stahlgerippe dominieren die Stadt, dazu heruntergekommene Arbeiterwohnblöcke, in die unsereins nicht mal einen Fuß hineinsetzen möchte. Die Uferstraße zum Fluss Debed ist nach dem letzten Hochwasser 2024 teilweise abgebrochen, das Geländer zum Fluss verbogen und mit Ästen und anderem Dreck, den ein Fluss so mit sich führt verschmutzt.
Obwohl eine Frau mit Besen und Kehrblech durch die Straße läuft und versucht, etwas Unrat zu beseitigen, werden die Menschen wohl weiterhin mit diesen Schäden und diesem schrecklichen sowjetischen Erbe leben müssen.
Ein Stück weiter die alte Sanahin Steinbrücke, eine 800 Jahre alte Bogenbrücke, die immer noch ihren Dienst als Fußgängerbrücke tut. Was für eine bauliche Meisterleistung.
Daneben die alte Seilbahn, die mit zwei Kabinen die Menschen von der oberhalb Alaverdis liegenden Ortschaft Sanahin runter in die Stadt und wieder zurück gebracht hat. Auch sie nicht mehr in Betrieb, wie Zeugen einer besseren Zeit hängen die zwei Kabinen an ihren Seilen hoch über unseren Köpfen.
Und um uns noch mehr in die Zeit der alten Sowjetunion zurück zu versetzen, fuhr zu alledem noch ein uralter gelber russischer PAS 672 Bus mit Gasantrieb durch die Stadt. Willkommen in der UdSSR.
Überhaupt sieht man hier in Armenien viel mehr alte Autos als etwa in Georgien, viele alte Ladas und UAZ Geländewagen fahren herum, auch ganz alte Kamaz oder ZIL – Lkw, die viel schwarze Auspuffgase ausstoßen.
Und etliche LKW und Lieferwagen mit deutschen Aufschriften, die wir auch schon im Nachbarland sahen.
Hier haben viele alte, bei uns aus Umweltgründen ausgesonderte Fahrzeuge ein zweites Leben gefunden. Stoßen sie halt hier ihre schädlichen Abgase aus, Hauptsache nicht bei uns im sauberen Deutschland.
Dann fuhren wir hoch zum Kloster in dem gleichnamigen Dorf. Die Zufahrt dahin schmal und auch kein großer Parkplatz davor. Lediglich die unvermeidbaren Souvenirstände einige älterer Frauen, die ihre Waren jedem anpreisen, der auch nur ohne zu schauen vorbei geht.
Inzwischen war die Sonne hinter den Wolken hervorgekommen. Das Kloster in seiner Bauart dem von Haghpat ähnlich, man betritt die Kirche durch eine große, dunkle, mit dicken Säulen versehene Halle. Wenn man von der Sonne noch etwas geblendet ist erscheint einem diese Halle düster und unheimlich, mit den dunklen bis schwarzen, dicken Mauern gerade die rechte Kulisse für einen Gruselfilm.
Die Kirche ganz anders als die orthodoxen Kirchen in Georgien, die meisten Armenier gehören der apostolischen Glaubensgemeinschaft an.
Wir erkundeten alle zum Kloster gehörenden Gebäude und den umliegenden Friedhof. Hier wie schon in Georgien sehr auffällig, dass auf den Grabsteinen häufig Bilder der Verstorbenen in die steinerne Oberfläche hineingraviert werden, teils in voller Größe, teils nur die Gesichter. Eigentlich eine gute Sache, so geraten die Toten auch optisch nicht in Vergessenheit.
In der Ferne sahen wir das Schwesterkloster Haghpat auf dem Plateau hoch über dem Fluss liegen.
Mich haben beide Klöster sehr beeindruckt, habe ich doch solche Bauweisen noch nirgendwo gesehen.
Ruiniertes Kloster
Auf unserem weiteren Weg durch das enge Tal des Debed Flusses mit seinen hoch aufragenden, senkrechten Felswänden, die z.T. an die Tafelberge im Dschungel Venezuelas erinnerten, studierte Beate die Karte und wies auf ein Kloster hoch oben am Berg hin, an dem wir eben vorbeigefahren sind. Die Bilder im Internet sahen interessant aus und so wendete ich und wir parkten den Wagen beim Beginn des Aufstiegs zu diesem Kloster.
Der Weg führte zunächst durch eine kleine am Berg liegende Siedlung und dann recht steil den Berg hinauf.
Wir erreichten das zerfallene ehemalige Kloster Kobayr, an dessen Wiederaufbau gearbeitet wird, man aber noch nicht weit gekommen ist. Solche Orte üben für mich immer eine gewisse Faszination aus und jedes Gebäude muss besucht werden. In einer kleinen Kapelle brannten Opferkerzen, also kommen doch immer mal Menschen hier hoch.
Gearbeitet wurde nicht, wahrscheinlich nur dann, wenn etwas Geld zum Weiterbauen vorhanden ist.
Auf dem Weg nach unten kamen wir an einem kleinen Restaurant vorbei und die Besitzerin bat uns herein für einen Kaffee oder Tee, doch wir mussten ablehnen, hatte ich doch kein Geld dabei.
Kein Problem, ein Teller mit kleinen Kuchen wurde uns gereicht und wir durften uns bedienen.
Dilijan im Gewitter
Nun ging es flott weiter die gut ausgebaute Straße im Tal des Flusses Pambak entlang bis zur größeren Stadt Vanadzor, dann durch wunderschöne Landschaft und sehr gute Straßen, die hier bisher viel besser sind als in Georgien, zur Kleinstadt Dilijan.
Hier machten wir eine Halt, da die Stadt bekannt ist durch ihre alten Häuser mit Holzbalkonen.
Der Himmel hatte sich inzwischen wieder grau bezogen und es sah gar nicht gut aus, zudem wurde es kälter.
Wir entfernten uns vom Wohnmobil hinein in die Stadt, doch schon donnerte es und der Himmel entlud sich. Beate lief zurück zum Wagen, da sie besser gegen Regen geschützt war als ich, dann fuhren wir nur noch ins Zentrum zu einer Bank, um noch ein wenig Geld zu wechseln. In Armenien muss man sich auch wieder mit Riesensummen herumschlagen, für 400,- € bekamen wir fast 171000 armenische Dram.
Jetzt nur noch hinaus aus der Stadt zum Tagesziel in der Nähe des Sewansees.
Einsame Straße zum See
Es hatte aufgehört zu regnen und wir kamen immer höher hinauf. Der Sewansee liegt durchgehend auf 1900 Metern höhe und ist damit der zweithöchste See solch stattlicher Größe der Welt. Er ist etwa zweimal größer als der Bodensee.
Zu ihm gelangte man früher nur über eine sehr gewundene Passstraße, bis dann irgendwann ein Tunnel gebaut wurde.
Wir entschieden uns für die Passstraße, auf der wir den ganzen Weg nur zwei Autos begegneten. Zudem ist sie noch in einem etwas älteren Zustand mit einigen Schlaglöchern, doch die meisterten wir.
Hinter der einsamen Ortschaft Semjanovka, in der die Bewohner ungläubig unserem Wohnmobil nachschauten, machten wir an einer alten Hausruine Stopp für die Nacht. Für den Blick auf den See und die Berge hatte sie die längere Passfahrt gelohnt.


Wir waren her auf knapp über 2000 Meter und die Temperatur lag bei nur sechs Grad. Na, da wird unsere Heizung nicht funktionieren und wir recht frieren. Ersteres bestätigte sich, nach kurzer Dauer schaltete sie ab, doch trotzdem wurde es nicht so kalt im Wohnmobil, wir konnten den Abend wie gewohnt verbringen.
Gefahrene Kilometer: 130,7 km
Landkarte: Vom Debedtal zum Sewansee
Ob das denn die Lösung ist 🤷🏻♀️😊
Die Grabsteine mit Konterfei der Verstorbenen finde ich auch nicht schlecht 🧐
So einen Uraltbus, ähnlich wie der auf Eurem Bild, hatten wir heute hier in Meinungen auch vor uns…, und er stank…, mussten Innenbelüftung im Auto anmachen, solche Stinket ist man nicht mehr gewohnt. Gerry meinte, sicher aus DDR Zeiten, vlt. auch aus der UDSSR 🧐😊😘🙋🏻♀️
JA das mit den Autos und LKWs ist schon sehr lustig. Alle unsere Alten werden hier weitergefahren und verpesten die Luft, aber Gottseidank ja nicht bei uns.