Schlaglochmarathon Ukraine

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kommentare:2 Kommentare
Siebenunddreißigster Tag - Donnerstag, 09.09.2021

Es geht weiter

Gut geschlafen und geträumt hatten wir beide in dieser ukrainischen Einsamkeit. Heute wollten wir angesichts dessen, was uns möglicherweise noch bevorsteht, früher als sonst aufbrechen.

Bisher war es uns fast nie gelungen, vor 10:30 Uhr loszufahren. Heute war es also neun Uhr. Ein bisschen Bammel hatten wir ja schon vor dem, was noch an Schlaglochstraße kommen wird, aber es blieb uns nichts anderes übrig als sie unter die Räder zu nehmen.
Beate wollte erstmal noch Fotos und Videos machen und daher nicht fahren, also war ich wieder an der Reihe.

Irgendwo in der Ukraine
Frühes erwachen

Der Kampf mit der Straße, mit den Schlaglöchern, mit den Gruben begann auf`s neue. Als Straße mochte man das eigentlich gar nicht bezeichnen, eher als unwegsames Gelände. Die Straße führte alleweil geradeaus und schien kein Ende zu nehmen.

Ein PKW überholte uns und als endlich mal zur Abwechslung eine Kurve kam, hielt dieser und seine zwei jungen Insassen stiegen zum Pinkeln aus. Ich hielt, sprach einen an, er konnte etwas Englisch. Sie kamen nicht von hier, konnten mir also keine genaue Auskunft zum weiteren Straßenzustand geben.

Also schaukelten und rumpelten wir weiter. Und plötzlich wurde die Straße eine richtige Straße, wunderschöne glatte Fahrbahn, ich jubelte und war fast außer mir vor Freude. Bis zum nächsten Ort, der Stadt Kiliia ging es so. Dann in der Stadt Betonplatten, es tat Schläge und rüttelte, aber wenigstens keine Schlaglöcher.
Wahrscheinlich noch der Straßenbelag aus der Sowjetzeit.

Ukrainie Schlagloch
Straßenverhältnis Ukraine
Straßen in der Ukraine
Das nennen die Ukrainer Landstraße

Auf nach Vylkova

Ohne Navi war es nicht so leicht, die weitere Straße Richtung Vylkova zu finden.
An einer Tankstelle wollte ich nach dem Weg fragen, und da wir unseren Dieseltank nur noch halbvoll hatten, auch gleich tanken.
Eine sehr ungewöhnliche Prozedur war das, man musste zuerst zur Kasse gehen, ein kleiner Verschlag hinter dessen vergittertem Fenster eine kaum sichtbare Frau saß.
Dann war zu zahlen, ich wusste aber nicht wieviel, sie schrieb 1800 Griwna für 64 Liter auf, ich konnte nur zustimmen. Dann ging es mit dem Kassenzettel zum Tankwart, der den Tank füllte, aber halt nicht 64 Liter hinein bekam.
Also ging es zurück zum Kassenhäuschen und dort wurde mir dann der Differenzbetrag wieder ausbezahlt. Da ich anfänglich die 1800 Griwna nicht hatte, zahlte ich mit Kreditkarte, nun gab es Geld zurück, sodass wir mehr Bargeld hatten als uns lieb war.
Ein Liter Diesel kostet hier übrigens 0,88€.

Ich fragte den Tankwart nach dem Weg nach Vylkova und er meinte gleich, mit der „Maschina“ ist es nicht möglich dahin zu kommen. Schlaglöcher bis zum Bauchnabel, deutet es mit Händen, so hatten wir es zumindestens angenommen.
Naja, ist mir egal, wir versuchen es. Schlimmer als der Weg zuvor kann es ja nicht sein. Den richtigen Weg hatten wir schnell gefunden, doch genauso schnell verwandelte er sich in eine fast unüberwindbare Schlagloch-Grubenpiste.

Ich kämpfte mich durch, es wurde schlimmer und schlimmer. Irgendwann dann tat es einen heftigen Schlag , der Wagen hatte massiv aufgesetzt. Wir stiegen aus, inspizierten den Unterboden, keine sichtbaren Schäden.
Dennoch hatte mich dieser Schlag so verstört, dass ich die Umkehr beschloss, die Beate schon viel früher gewählt hätte.

Leider wird es so nun nicht möglich, den legendären Kilometer Null der Donau zu sehen. Sehr schade, aber Beate war einverstanden. Besser jetzt umkehren als den Wagen kaputt fahren.

In Kiliia zurück fuhren wir noch einmal zur Donau, um von ihr so kurz vor dem Ende endgültig Abschied zu nehmen. Nebenan an der Schiffswerft hatten wir erstaunlich gutes WLAN, sodass Beate hier unsere tägliche Homepage-Arbeit erledigte.

Irgendwo in der Ukraine
Letzter Blick auf die Donau
Ukraine
Ukrainische Buslinie
Irgendwo in der Ukraine

Richtung Moldau

Nun ging es Richtung moldauische Grenze. Die Straßen waren richtig gut, wir kamen sehr gut voran, eine wundervoll entspannte Fahrt. Man weiß gute Straßen erst zu schätzen, wenn es keine gibt.

Zwischenziel war die Ortschaft Tatarbunary, wo wir kurz hielten, ein wenig herumschlenderten und in einem Laden Wein und Brot kauften.

In der Ukraine gibt es keine Selbstbedienungssupermärkte, hier wird noch alles über die Theke verkauft. Ich zögerte etwas, hineinzugehen, aber Beate war da zielstrebiger. Also mit wenigen Worten und Gesten zwei Flaschen guten ukrainischen Rotwein und ein Brot gekauft, alles zusammen ca. 5,90€.

Dann besuchten wir noch nebenan ein nettes kleines Café, tranken einen Capucchino und aßen leckeren Kuchen für ca. 3,.€.

Ich nutzte den WLAN-Zugang, um Kontakt mit dem Ansprechpartner in Transnistrien aufzunehmen, um einen Termin für den Grenzübertritt von Moldau nach Pridnestrowje (Transnistrien) auszumachen, wobei er uns helfen will.

Dann ging es weiter, etwa 23 Kilometer zur nächsten größeren Ortschaft. Auch hier wieder eine Straße die den Namen nicht verdient.

In der Karte war sie als Hauptstraße klassifiziert. Aber besser ging es nebendran auf einer unbefestigten, staubingen Piste. Beate fuhr sehr vorsichtig und wir kamen ohne größere Schläge voran, brauchten aber unglaublich lange für die relativ kurze Strecke.

Ab der größeren Ortschaft dann wieder gut ausgebaute Strecke, herrlich zu fahren, aber immer hatten wir das Gespenst der Schlaglochstrecke im Kopf.
Kaum war die Grenze zur anderen Kommune erreicht, wieder die gleiche, fast unfahrbare Schlaglochstrecke. Schlimmeres haben wir bisher in unserem Leben noch nicht erlebt.
Einige Lada Niva Geländewagen preschten vorbei, auch die alten russischen LKW hatten mit der Piste wenig Probleme.

Unser gestecktes Ziel, heute noch die moldauische Grenze zu passieren, rückte in weite Ferne. Inzwischen war es 18:00 Uhr geworden, die Sonne geht hier vor 20:00 Uhr unter, danach sollten man nicht mehr fahren.

Nachtquartier

Beate hatte die Idee, unser vieles ukrainisches Geld bei einem Abendessen im Restaurant auszugeben. An sich keine schlechte Idee, nur, wo gibt es in den Dörfern ein Restaurant?

Das Dorf, durch das wir nun fuhren, hatte jedenfalls keins, dafür aber eine schöne Wasserstelle, davor ein kleiner Parkplatz. Ideal für die Nacht. Also angehalten, Schluss für heute. Das Pistenfahren war anstrengend genug, hoffentlich wird es morgen besser.

Eine schöne Beobachtung konnten wir noch machen, wie hier in der Ukraine die Zeitalter aufeinandertreffen.
Unterhalb unseres Parkplatzes verlief ein kleiner Bach, an dem sich eine Gänseschar tummelte, bewacht von einer älteren Frau mit Kopftuch und geblümter Kittelschürze, in der Hand einen kleinen Stock, um die Gänse zusammen zu halten. Ein Bild wie vor 100 Jahren. Doch diese Frau telefonierte ausgiebig mit ihrem Smartphone am Ohr.
Besser kann der Einzug der Moderne nicht versinnbildlicht werden.

Gefahrene Kilometer: 166 km

Landkarte: Von der Donau bis kurz vor die moldauische Grenze.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Thomas

    Guter Bericht, der macht Lust auf mehr!
    Die Schlaglöcher dort sind eine Katastrophe, kann voll mitfühlen. Bin von Krementschuk nach Mykolajev gefahren, 60cm tiefe Löcher und das was fehlt, liegt als zusammen geschobener Buckel daneben. Zum Reisen braucht man halt Zeit.
    Euch weiterhin gute Fahrt!
    VG Thomas

    1. Beate

      Wünschen eine gute Weiterfahrt und sicheres Durchkommen.

Schreibe einen Kommentar