Einsam, einsamer, am einsamsten

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Dreizehnter Tag, Samstag, 18.02.2023

Zu Juhls Silberschmiede

Absolute Ruhe die ganze Nacht. Unser Platz vor dem Kindergarten am Wochenende hatte sich bewährt. Die Wetterprognose für das Nordkap sieht ab Dienstag gutes Wetter voraus, bis dahin soll es noch einiges an Schnee geben. Also hatten wir keine Eile, denn es lagen nur noch gut zwei Tagesetappen vor uns bis zum Ziel.

Halb elf ging es los, zuerst wollten wir uns noch ein wenig in Kautokeino umsehen, aber es gibt hier keinen Ortskern, kein Zentrum. Der Ort ist so weitläufig, dass man fast stets, um seinen Nachbarn zu besuchen, das Auto benötigt. Laut Reiseführer sollte die örtliche Silberschmiede sehenswert sein, und so fuhren wir dort hin. Das Privathaus des Ehepaares Juhls ist ein sehr umfangreicher und architektonisch sehenswerter Komplex. Im Inneren dann Kunsthandwerkswerkstätten und riesige, weitläufige Ausstellungsräume für Silberschmuck, samisches Kunsthandwerk und andere kunstgewerblichen Gegenständen. Manchmal hatte man das Gefühl, die 1959 gegründete Silberschmiede ist in ihrer Zeit stehen geblieben, so entdeckte Beate einen mehrteiligen Kerzenständer aus den 70er Jahren, den wir auch daheim im Keller haben.

Nach einem längeren Besuch ohne etwas gekauft zu haben und dem Gespräch mit einem Ehepaar aus Köln ging es raus zum Wohnmobil, hinunter zur Kirche und dann wieder auf Strecke.

Kautokeino
Kautokeino
Kautokeino

Der einsame Radler

Wir durchquerten nun Kilometer um Kilometer eine schwarz-weiß-Landschaft, nur dunkle, krüppelige Birken in weißer Schneelandschaft. Unendliche Weite vor uns, leicht bergiges Land, aber immer gleich. Wenige Ansiedlungen, teilweise nur ein oder zwei Häuser mit für uns unaussprechlichen Namen wie Leavnnjageaidnu, Avjovargeaidnu, Njahkajavri oder Vajamohkenjarga. Dazwischen lange nichts, nur die vereiste, oft schnurgerade Straße. Es herrschte wenig Verkehr, mal ein PKW, mal ein LKW, das war’s dann auch wieder für die nächsten 10 Kilometer.

Dann plötzlich, in dieser völligen Einsamkeit ein Radfahrer mit grünem Schlafsack auf dem Gepäckträger. Da ist er wieder, „unser“ Radler, den wir schon mehrfach und bereits in Schweden überholt hatten. Vorgestern dann an einem Rastplatz, wo wir Wasser fassten, kam auch er an. Neugierig wie wir waren sprach ich ihn an. Ein junger Mann, Mitte bis Ende 20, sicher sehr durchtrainiert. Von Trondheim kommt er und will mit seinem Rad bis zum Nordkap und dann durch Norwegen zurück nach Haus. Ohne e-bike, versteht sich. Ca. 200 Kilometer am Tag macht er und denkt, bereits am Sonntag am Nordkap zu sein.

Verrückte gibt es überall, aber sind wir es nicht auch in den Augen so mancher Zeitgenossen, im Winter mit dem Wohnmobil zum Nordkap?

Wir wünschten ihm gute Fahrt und fuhren davon.

Und nun, zwei Tage später, treffen wir ihn wieder, wo es doch von Kautokeino zwei Strecken Richtung Nordkap gibt, und ausgerechnet die, die wir auch nehmen, fährt auch der Radfahrer. Natürlich hupte ich und hielt an für ein kurzes Schwätzchen mitten auf der Straße. Ziemlich schwierig fährt es sich auf der völlig vereisten Straße, er hätte lieber die andere Route genommen, doch nun muss er durch. Bis Lakselv will er noch kommen, na dann, alles Gute und viel Erfolg.

Karasjok – inoffizielle Hauptstadt des Samenlandes

Nächstes Ziel Karasjok, inoffizielle Hauptstadt des Samenlandes. Hier gibt es sogar ein Parlament, dass alle vier Jahre neu gewählt wird. Der Norden Norwegens und auch Finnlands ist das Land der Samen, früher sagte man Lappland. Die Hauptsprache hier ist samisch, wobei es nordsamisch und südsamisch gibt. Fast 90% der Leute hier sprechen diese Sprache, daneben gibt es natürlich noch norwegisch als zweite Amtssprache.

Karasjok -Freilichtmuseum

In Karasjok besuchten wir ein samisches Freilichtmuseum. Jetzt im Winter ohne Eintritt, man sah aber nicht viel, überall zwischen den Zelten und Hütten hoher Schnee, kein Durchkommen.

Der Kirche von Karasjok statteten wir noch einen Besuch ab, sah eher wie die Feuerwache mit dem hohen Schlauchturm aus, rein konnten wir nicht.

Dann noch kurz etwas eingekauft, Geld am Automaten gezogen obwohl man auch hier fast alles mit Karte zahlen kann, Bargeld ist ziemlich unnötig und nur wir Deutschen schwören noch darauf, weil vielen die Technik des bargeldlosen Bezahlens nicht geheuer ist.

Zunächst beabsichtigten wir, in Karasjok zu bleiben, es war 16:00 Uhr und die Dämmerungsphase hatte schon begonnen. Doch eigentlich wird dann der Abend sehr lang und so beschlossen wir, noch etwas weiter zu fahren. 60 Kilometer entfernt lag die Stadt Lakselv, ca. eine Stunde Fahrt, dann sind wir kurz nach 17:00 Uhr dort.

Doch schnell wurde es stockfinster und wir kamen wieder erst kurz nach fünf auf unseren Nachtstellplatz an, wieder ein Parkplatz vor einem Kindergarten. Nun, morgen ist Sonntag, da kommt niemand.

Gefahrene Kilometer: 216 km

Landkarte: Kautokeino – Lakselv

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Ruth

    Son Kerzenständer hab‘ ich auch noch, aber im Wohnzimmer 😀

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