Sechzehnter Tag, Dienstag, 21.02.2023
Schreck in der Morgenstunde
Die Nacht war kalt, bis minus 11 Grad ging das Thermometer herunter, sodass ich schon viertel nach vier die Heizung einschalten musste. Ein Test der Wasserversorgung zeigte, dass das Warmwasser eingefroren war, kaltes kam noch. Während der Frühstücksvorbereitungen ging dann plötzlich die Heizung aus. Die schlimmsten Gedanken schossen mir durch den Kopf, ohne Heizung wäre es das Ende der weiter geplanten Tour. Wir müssten so schnell es geht zurück. Heizung aus, banges warten, Heizung wieder ein, wenig später wieder aus. Was war da los. Natürlich sofort Recherche im Internet, doch da wird man überhaupt nicht fündig. Ein Erfahrungsbericht eines Betroffenen führte mich auf eine Spur. Kontrolle der Batteriespannung mit dem Ergebnis, kaum noch Strom. Das könnte es sein, wir hatten die Heizung vorgestern und gestern stundenlang laufen und waren dann nur 16 Kilometer gefahren. Zudem kam der Stromverbrauch der Abwassertankheizung. Das war zu viel für die Batterie, sie machte schlapp.
Das Wetter war traumhaft heute morgen, knackig kalt und keine Wolke am Himmel, schöner geht’s nimmer. Wir warteten noch, bis die Nordkaphalle öffnete, um unsere Computerarbeiten zu erledigen und beschlossen dann, trotz der traumhaften Atmosphäre das Kap zu verlassen und gen Süden zu reisen. War auch notwendig, denn die Batterie war fast leer und dazu sollte man es nicht kommen lassen. Tiefen entladene Geldbatterien sind schnell kaputt.
Zwischenstopp in Honningsvag
Kurz vor 12:00 Uhr verließen wir das Ziel unserer Winterträume. Angesichts der Gesamtumstände beschlossen wir, heute Abend mal einen Campingplatz anzusteuern, auch um mal wieder die Haare zu waschen und eine umfassende Körperpflege durchzuführen, zudem hätten wir da Landstrom, um die ausgefallene Standheizung durch einem Heizlüfter zu ersetzen.
Die Fahrt vom Nordkap herunter nach Honningsvag, dem nördlichsten Städtchen Europas war einfach atemberaubend und ist nicht in Worte zu fassen.
In Honningsvag hielten wir und schlenderten etwas durch die Straße. Hier war ich auf meiner Nordlandreise 1978 und der Hurtigroutenfahrt 1980 bereits gewesen. Im Hafen lag dann zu meiner Freude gerade ein Schiff der Hurtigroute, die MS Vesteralen. Ich bin damals ebenfalls mit der MS Vesteralen gefahren, allerdings mit dem Vorgängerschiff, ein 1956 gebautes, wie ein Frachter aussehendes Schiff. Die neue, 1983 gebaute MS Vesteralen ähnelt eher einem kleinen Kreuzfahrtschiff.
Dem Mutigen gehört die Welt
Nach einer dreiviertel Stunde ging es weiter, immer entlang der Straße, die wir vorgestern bei trübem Wetter gen Norden gefahren sind. Jetzt traumhafte Ausblicke auf die Berge ringsum. Immer wieder mussten wir anhalten, um Photos zu machen. Man konnte sich nicht satt sehen.
Der Nordkaptunnel wurde passiert, weitere kleinere Tunnel. Dann kam der drei Kilometer lange Skarvberg Tunnel. Am Tunneleingang rotes Ampellicht, zwei LKW warteten davor.
Wir standen auch, lange, länger, immer länger. Unsere geplante Ankunftszeit auf dem Campingplatz bei Alta rückte immer weiter nach hinten, und das, wo es doch bereits um spätestens 17:00 Uhr finster ist. Von hinten näherte sich ein PKW, überholte uns und die LKW und fuhr trotz roter Ampel in den Tunnel ein.
Wenn der das kann, machen wir das auch. Beate traute sich nicht, doch ich sprach ihr zu und mit klopfendem Herzen und zitternden Händen und Füßen fuhr sie los, hinein in den Tunnel. Große LKW müssen hier in der Mitte fahren, sonst schrammen sie an den Seitenwänden entlang. Beate hatte Angst, das jetzt Gegenverkehr kommt. Aber es kam keiner. Kurz vor dem Tunnelausgang zwei große LKW. „Jetzt haben wir den Salat“ meinte sie, doch wir konnten daran vorbei. Dann im Tunnelausgang ein Gerüst auf dem Arbeiter irgend etwas schweißten. Als sie uns sahen, winkten sie uns heran und lotsten uns an dem Gerüst vorbei. Durch waren wir, hätten wir weiter gewartet wäre es vielleicht dunkel geworden.
Über die Hochfläche nach Alta
Irgendwann dann der Abzweig Richtung Alta, Von nun an ging es über eine unbewaldete und einsame Hochfläche, die Finnmarksvidda Richtung Alta. Wir fuhren immer dem Sonnenuntergang entgegen, vor uns der orangerote Himmel und der Horizont, markiert durch sanfte Hügel. Lange dauerte die Dämmerung, die Fahrt glich einem Eilmarsch nach Küstrin, so flott kamen wir trotz zum Teil völlig vereister Straßen voran.
Es wurde jetzt immer kälter und das Termometer im Auto zeigt jetzt -23 Grad. Vor Alta ging es dann recht steil abwärts, um wieder auf Meereshöhe zu kommen. Hier hieß es dann aufgepasst und langsam, damit man nicht noch im Graben landet.
Der anvisierte Campingplatz war gefunden, das Fahrzeug abgestellt und nachtfest gemacht. Dann erst mal die Heizung angeworfen und siehe da, sie lief. War also tatsächlich nur der Spannungsabfall, der das Abschalten ausgelöst hatte.
Gefahrene Kilometer: 237 km